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Alp Nr. 96 : Alp Fählen
14.08.2015 10:29 ( 4937 x gelesen )

- Brülisau – Bollenwees in 70 Minuten, bis Fählen 1 1/2 Stunden
- Was ist der Unterschied zwischen Verdursten und Dehydrieren?
- Ein Sprungbrett, Betreten auf eigene Gefahr
- Im Schatten eines Steins Alphorn spielen
- Ein kleines Mädchen kommt angeschlichen, ein zweites folgt
- Jungfischer haben das Floss geklaut und das Matratzenlager verwüstet
- Senn Andy aus dem Zillertal, Bierbrauer und Skilehrer
- Kilian Moser ist 1 Jahr alt und hat ein dreckiges Maul
- 115 Tiere, 10 Kühe, 10 Geissen, 77 Rinder, 6 Chälbli, 2 Pferde, 10 Sauen
- Es gibt aber auch noch 2 Hunde, 3 Hühner und 1 Güggel
- Alle drei Tage wird gekäst, es fehlt ein Käsekeller, Joghurt gibt es auch
- Claudia und Julia Moser spielen Alphorn
- Andy war letzten Samstag seit drei Monaten wieder einmal im Dorf
- Jeden Tag mit dem Ross zur Hädern, 400m Wasser von Wildseeli abpumpen
- In den Fählenschafberg gibt es ein Mörderweglein
- Matratzenlager mit 38 Betten, 25 sind an schönen Tagen regelmässig besetzt
- Nach 16 Stunden noch 2 Stunden Küchendienst
- Das alte Telefon von Karl Moser und die exotischen Pfirsichbäume


Heute ist es wunderbar sonnig und warm. Es reizt mich  eine etwas entferntere Alp zu besuchen, Fählen scheint mir gerade richtig. Ich mache deshalb schon um 16:30 Feierabend, packe meine Sachen und fahre bis zum Pfannenstiel. Dort starte ich zu Fuss und gehe das steile Brüeltobel hinauf. Möchte wissen, wie schnell ich die Strecke bis zur Bollenwees schaffe und gebe mein Äusserstes.

Die Hitze treibt mir den Schweiss aus allen Poren und in Folge der Umstände dreht sich das Wort „dehydrieren“ in meinem Kopf und lässt mir keine Ruhe. „Pass uf dass nüd dehydriesch“, oder „De seb hends möse ilifere wöll e dehydriet isch“. So ein blödes Wort und doch hört man es immer öfters. Unlängst unternahmen in Amerika die Eltern mit ihrem 6 jährigen Sohn einen Tagesausflug zu Fuss in eine Wüste. Obwohl die Gefahr des Dehydrierens eingangs der Wüste klar beschildert war, wagten sie sich dort hin.

Leider sind beide Eltern infolge Wassermangels gestorben und das innerhalb von ein paar Stunden, sie überliessen das lebenswichtige Gut ihrem einzigen Sohn. Eine fast unglaubliche Geschichte aber wahr. Ich frage mich, warum man immer neue Wörter erfinden muss. Vielleicht gibt es auch schon ein moderneres Wort für Verhungern, Protein und Kohlenhydrat Mangelerscheinung? Diese Gedanken begleiten mich bis ich nach 70 Minuten Leistungswandern – auch ein neues Wort – in der Bollenwees eintreffe, für mich Sportsmuffel sicher eine  respektable  Leistung. Danach geht es in gemütlicherem Tempo weiter bis zur Fählenalp.

Am Ende des Sees entdecke ich ein Sprungbrett, daneben liegt ein Papier mit der Aufschrift: Betreten auf eigene Gefahr. Bei diesem tiefen Wasserstand könnte ich den Mut nicht aufbringen vom Brett ohne Ränzler ins Wasser zu springen. Etwas weiter oben steht ein relativ grosser Findling und spendet viel Schatten, für mich ideal zum Alphorn spielen, die Sonne trocknet mich sonst noch ganz aus. Nach wenigen Minuten kommt ein junges Mädchen ganz vorsichtig angeschlichen, etwas später noch ein zweites. Sie sprechen hochdeutsch und wohnen scheinbar auf dieser Alp. Sie zeigen auf drei Jugendliche die auf dem See mit einem Floss spielen. „Schau nur, das Floss haben sie uns schon wieder gestohlen und letzte Nacht haben sie das Matratzenlager verwüstet, so blöde Jungs!“ Scheinbar sind es Jungfischer die noch nicht wissen wie man sich an so einem Ort benimmt. Gerne wüsste ich wer das genau ist, lasse es aber beim Gwunder.

Die Alp wird von der Familie Moser vom Hirschberg oberhalb Appenzell bewirtschaftet. Der Senn Andy ist aus dem Zillertal und arbeitet schon die dritte Saison bei Mosers. Sein Beruf ist Bierbrauer und im Winter arbeitet er als Sklilehrer in seiner Heimat. Es scheint, dass er schon bald zur Familie gehört, jedenfalls schaut er gut zu den Kindern und weisst sie auch mal in die Schranken. Der Jüngste Moser ist jedenfalls gerade mal jährig, kriecht am Boden und muss natürlich jeden Stein und Dreckklumpen in seinem Maul probieren. Andy setzt ihn auf seine Knie, putzt ihm das Maul und die Finger und reicht ihm ein Rad Brot. Er erzählt von seinem Tagesablauf, total 115 Tiere halten ihn auf Trab und jeder dritte Tag wird gekäst. Leider fehlt ein Käsekeller deshalb muss das kostbare Gut regelmässig ins Dorf gebracht werden.

Claudia die Chefin kommt nun auch an den Tisch. Sie interessiert sich für das Alphornspiel und probiert es hemmungslos aus, auch Julia das deutsche Ferienkind bläst freudig rein. Beide haben einen riesen Spass daran. Eigentlich müsste auf dieser Alp mindestens ein solches Hirteninstrument seinen fixen Platz haben. Aber laut Andys Aussagen, bleibt eigentlich keine Zeit um zu üben. Schlafen könne er in der Regel gerade noch 4-6 Stunden, da fällt man nach getaner Arbeit nur noch ins Bett. Nach Appenzell gehe er nicht mehr als 2-3 mal während der gesamten Alpzeit, den Ausgang könne er ja im Winter dann wieder zu genüge nachholen. Das Ross braucht er täglich für den Weg nach Hädern. Dort weiden 77 Rinder welchen er Wasser vom 400m entfernten Wildseelein hinüber pumpen muss, das ist sehr zeitintensiv.  

Die Fählenalp ist für Touristen ein Geheimtipp. Sie hat ein Matratzenlager mit 38 Betten wovon 25 an schönen Tagen meistens besetzt sind. Als zehnjähriger war ich zusammen mit den Eltern und den beiden Brüdern über den 1. August für drei Nächte hier. Der Senn hiess dazumal Noldi und sein Gehilfe war der berühmt berüchtigte Karl Moser. Er verstand es wie kein zweiter, ausländischen Touristen einen Bären aufzubinden. So passierte es, dass beim Zmorgen plötzlich ein Telefon laut aus der Küche ringelte und er einen Deutschen wegen eines dringenden Anrufs aus seiner Heimat an den Apparat bat. Kaum war dieser zur Stelle, hörte man ein lautes Lachen und Karl sagte schelmisch: „Do obe gets denk siche ke Telefon du Nä.“ Ein ander Mal, als er mit seinem Feldstecher ganz gwunderig zur naheliegenden Felswand starrte, fragte eine Frau was er denn suche.

Er drückte ihr den Feldstecher in die Hand und gab ihr zu verstehen, dass er schaue ob die Pfirsichbäume schon blühen. Das sei der einzige Ort im ganzen Alpenraum wo es noch so seltene Exemplare gäbe… Uns Buben konnte er zu später Abendstunde mit seinen Kartentricks verzaubern. Zwei davon sind mir bis heute in bester Erinnerung. Ich durfte eine x-beliebige Karte aus dem Stapel ziehen – es  war ein Rosenkönig – sie  anschauen und mir genau einprägen. Dann musste ich sie auf die Bank legen, darauf sitzen und nur an diese Karte denken.

Ich wollte den guten Karl natürlich reinlegen und dachte an ein Schellen Ass. Danach griff er zur Taschenlampe, ich musste das Maul weit aufsperren und er leuchtete hinein, studierte einen magischen Moment lang und gab dann zur Antwort: „Du setzisch uf em Rosekönig!“ Die Verblüffung war natürlich riesig. Beim zweiten Trick nahm er ein Bierglas, genau genommen ein Stangenglas, und stellte den Kartenstapel hinein. Im Vorfeld durfte ich eine Karte daraus ziehen, mir merken und wieder hineinstecken. Er schüttelte dann das Glas langsam hin und her und als sich dann mit den Bewegungen genau meine Karte empor hob, war die Verblüffung in unsere Kindergesichter gemeisselt. Von da an wussten wir, „De Karl cha efach mea s anderi!“            


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