DEFAULT : Alp Obere Mans
30.06.2012 08:00 ( 4643 x gelesen )
- Der Kopf ist nicht frei
- Herrliche Wasserquelle beim Aufstieg
- Gwunderigi Galtlig
- Alphornspiel Richtung Bogarten, angenehmes Echo
- Im „Stöbli“ gibt es eine Bruder Klaus Statue
- Der Senn kommt aus dem Wäggital
- Mit Spanplattenschraube ein Loch in 3mm Stahlblech?
- Hütte schlecht im Stand
Am Samstagmorgen starte ich um 05:15 beim Restaurant Alpenrose in Wasserauen. Mit zwei Wanderstöcken bewaffnet nehme ich den steilen Weg durch das Hüttentobel in Angriff. Keine Menschenseele ist zu dieser Zeit unterwegs obwohl schon etliche Autos auf dem Parkplatz stehen. Meine Gedanken drehen sich immer noch um einen Vorfall im Geschäft. Ein langjähriger Kunde hatte mich übers Ohr gehauen. Mein Grundsatz, dass ein Geschäft immer für beide Seiten stimmen muss, hat sich diesmal nicht bewahrheitet. Zudem kann es gut sein, dass ich ihm heute unterwegs noch begegne. Am liebsten würde ich ihm mitteilen, dass er meine Werkstatt nicht mehr betreten soll. Ich könnte dies aber auch mit einem eingeschriebenen Brief tun…
Der steile Weg treibt mir den Schweiss auf die Stirn, ich versuche mich nur noch auf den Weg zu konzentrieren. Mein Kopf wird aber einfach nicht frei und prompt begegnet mir dieser Typ auch noch auf halbem Weg, zum Glück bleibt er auf Distanz. Hat er mich überhaupt erkannt? Der weitere Weg Richtung Bogarten ist genauso anstrengend, ich konzentriere mich jetzt auf das Vogelgezwitscher, die Natur hilft doch immer, oder? Die blöden Gedanken bleiben aber trotzdem hängen, ohnmächtig. Etwas weiter oben kommt mir dann plötzlich ein zündender Gedanke, Vergebung. Ich lege deshalb eine kurze Pause ein, erleichtere mich des Alphornsacks und spreche dem Typen meine Vergebung aus. Und, die Gedanken plagten mich von Minute zu Minute weniger bis sie ganz weg sind, super und dazu noch gratis!
Beim Abzweiger zur Mans steht ein kleiner Brunnen. Als kleiner Bube hatte mir mein Onkel Emil Haas, er war ein begnadeter Jäger, gesagt, dass dieses Quellwasser sehr klar und erfrischend sei. Ich raste deshalb jedes Mal an diesem Ort und lösche meinen Durst und kühle meinen Kopf, eine Wohltat. Frisch gestärkt gehe ich weiter Richtung obere Mans, das Alphorn habe ich bereits ausgepackt und trage es in voller Länge auf meiner Schulter. Kaum betrete ich die Alp springen auch schon die Galtlig neugierig entgegen. Etwas weiter oben liegt ein Rechen im Heu, es sieht aus, als ob der Senn bei der Arbeit gestört wurde. Dort spiele ich ein paar Stücke Richtung Bogarten, ein angenehmes Echo ist hörbar. Danach gehe ich weiter Richtung Alphütte, aus dem Kamin steigt Rauch auf. Bei der Melster steht ein Alpkreuz, dort spiele ich nochmals. Von der Alp Sigel bläst ein starker Wind, deshalb kann ich kein Echo ausmachen, schade. Der Senn zeigt sich auch nicht, es ist auch noch etwas früh für Besuch, erst kurz nach sieben.
Mein Gwunder lenkt mich deshalb auf die hintere Seite der Alp. Dort entdecke ich eine wunderschöne Blumen- und Pölsterlilandschaft zwischen ausgewaschenen Steinen. Und der Wind ist an dieser Stelle auch zam, deshalb spiele ich nochmals zwei Stücke Richtung Sämtisersee. Als ich zurück zur Hütte komme, begrüsst mich dann auch der Senn. Er ist nicht von gesprächiger Natur, deshalb liegt es an mir ihm die verschiedenen Geheimnisse zu entlocken. Vielleicht liegt es daran, dass er aus dem Wäggital kommt? Der Ort wo ich gerade war nennt er „Stöbli“ und es gibt dort in einer Felsnische eine Bruder Klaus Statue, diese habe ich aber leider nicht gesehen. Wind gibt es hier oben oft, der verschwindet erst, wenn die Sonne am Nachmittag kommt. Und wenn man klar zum Bodensee blicken kann, zieht ziemlich schnell schlechtes Wetter auf. Er schaut hier oben für 6 Kühe, 10 Kälber, 50 Rinder und 60 Schafe, wobei die Milch an die Kälber verfuttert wird.
Ich erzähle ihm von meinem Projekt und dass ich ein Schild irgendwo befestigen möchte. Er meint mit seinem speziellen Dialekt: „ Am beschte dört, wo au d’Wanderer verbei laufid.“ Der beste Platz scheint ihm deshalb an der Wand vom kleinen Stall. Ich halte das Schild unter das Pflanzenschutzgebietsschild hin und warte auf seinen Kommentar: „ Jää, gang no e chli ufi“. Auf der grauen Bretterwand kommt das Schild eigentlich gar nicht zur Geltung, ich halte es deshalb etwas höher über dem Pflanzenschutzgebietsschild hin. Das gefällt ihm aber auch nicht, deshalb befielt er: „ No e chlei abe“. Ich sage ihm, dann bin ich doch auf dem Pflanzenschutzgebietsschild. Er meint wieder: „Jo genau dei“ Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass dies aber eine 3mm Stahltafel sei und sie ohne Bohrer nicht zu durchdringen ist. Er erwidert: „ Wart nu…“ geht in den Stall und holt einen Kreuzschraubenzieher mit Hammer. Mit kräftigen Schlägen startet er den ersten Versuch, ins Stahlblech gibt es aber nur kleine Dellen. Danach grübelt er in seiner Hosentasche und fischt eine 100mm lange Spanplattenschraube hervor: „Diä isch noch e chlei spitziger…“ ich antworte diesmal auch nur kurz: „aaha“. Mit einem Schmunzeln schaue ich zu wie die Schraube krumm und krümmer wird. Wortlos geht er wieder in den Stall, nun höre ich ein grobes Sägen. Mit einem kleinen Holzbrett unter dem Arm und zwei neuen Spanplattenschrauben kehrt er zurück und nagelt das Stück Holz mit kräftigen Schlägen neben das Pflanzenschutzgebietsschild und meint: „ Langi Nägel han ich ebä leider keini meh.“ Nun durfte ich mein Schild auf das neue Holzbrettli nageln, sozusagen ein Ehrenplatz.
Bevor ich weiter Richtung untere Mans ziehe, beklagt sich der Senn noch über den Zustand der Alphütte. Eigentlich müsste diese schon seit Jahren renoviert werden, das Fundament bricht aus und das Holz wird innen langsam faul. Es braucht nicht mehr viel und sie fällt in sich zusammen. Die Frau des Besitzers würde dies eigentlich schon lange gerne nachholen, nur der Besitzer selber willigt nicht ein. Ich erwidere: „Schad, obwohls do obe e so schö isch!“ Der Senn meint nur knapp: „ Schön scho, aber au nu bi schönem Wätter!“
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