DEFAULT : Alp Seealp Reslen
06.04.2013 15:30 ( 4977 x gelesen )
- Gabriel kommt vom „Hegen“ heim, stolz zeigt er sein erhaltenes Fischerprevet
- Daniel Brülisauer schliesst sich meiner Tour nach Seealp an
- Diskussionen über Landammann und Pfarrer
- Mit den Skiern vom Säntis problemlos bis nach Wasserauen
- Dichter Nebel und die Bäume voller Eisfiguren
- Eine lebende Eidechse mitten im Weg, nur sehr langsam kommt sie voran
- Der Seealpsee ist noch gefroren
- Leider konnte man diesen Winter nicht Schlittschuhlaufen
- Der schönste Platz um Alphorn zu spielen ist hier oben
- Wunderschöne Alpgebäude
- Zum Abschluss ein Bier am Stammtisch der Alpenrose
Heute Samstagmorgen muss ich in der Bude noch einiges erledigen und die kommende Woche will auch noch geplant sein. Auch Gabriel muss früh raus, denn bevor er sein Prevet in Empfang nehmen kann, steht noch ein Hegeeinsatz beim Fischereiverein an. Für den Zmittag gebe ich ihm noch etwas Geld mit, strahlend bringt er dann am Nachmittag alles wieder zurück: „Sie hend alls zahlt ond es isch choge loschtig gsee, me hend en ganze Chäs ond en Schofhag mit föf Pföhl im Bach inne gfonde. Ond do isch mis Prevet…“ Es ist sehr schön, mitzuerleben mit welcher Freude Gabriel sein neues Hobby in Angriff nimmt. Ich verspreche ihm deshalb, dass wir am kommenden Samstag zum ersten Mal gemeinsam Fischen gehen.
Das Telefon klingelt und Ciara Brülisauer fragt, ob jemand Lust auf ein Monopoli Spiel hat. Gabriel und Leonie stimmen sofort zu, Leonie geht mit dem Velo schon mal voraus und Gabriel muss zuerst noch seine Sachen verräumen. Wenn das so ist, dann bleibt für mich noch etwas Zeit für einen kleinen Ausflug nach Seealp. Als ich dann Gabriel bei Brülisauers ablade, fährt gerade Daniel aus der Garage, er steigt aus, sieht meinen Skianzug und fragt: „Wo ani gosch denn du?“ Ich antworte ihm: „I lauf i Seealp ini, da hani im Wente scho imme emol wele, wegem Schnee.“ Daniel möchte gerade auch eine kurze Wanderung unternehmen, deshalb schliesst er sich mir an.
Die Landsgemeinde ist in drei Wochen, deshalb gibt es in den Zeitungen einige brisante Inserate und Leserbriefe. Der Standeskommission wird politischer Filz angekreidet, allen voran den beiden Landammännern Schmid und Fässler. Zwei starke Persönlichkeiten die sich für unseren kleinen Kanton einsetzen und viele Verdienste leisten und geleistet haben. Carlo Schmid tritt nach sehr erfolgreichen 29 Jahren zurück und dann dieser unverdiente Abschluss, Daniel und ich sind beide sehr entsetzt. Unserem Kanton geht es blendend, die Verwaltungskosten pro Einwohner sind schweizweit am niedrigsten und Schulden haben wir auch keine. So ein Ergebnis ist nur mit einer perfekten Führung möglich!
Weiter stand heute auch noch ein gemeiner Leserbrief über angebliche Verfehlungen des Pfarrers in der Zeitung. Unser Pfarrer wird 70 und geht per Ende Jahr in Pension. Es ist kein Geheimnis, dass er zusammen mit dem Bischof nicht alle Ideen des Vatikans teilt, da schliesse ich mich aber direkt hinten an. Laut Leserbrief soll es auch ein Ärgernis sein, dass er jeweils einen Guggengottesdienst zu Beginn der Fasnachtszeit durchführt. Die Kirche ist dann immer bis auf den hintersten Platz besetzt, was um Herrgottswillen ist denn da das Problem? Meine Tochter Leonie ist seit kurzem Ministrantin und sagt vor jedem Einsatz: „ Au, hoffentlich hed hüte de Guggi d’Mess, e isch ebe min Lieblingspfarre.“ Solche Aussagen, wie diese von meiner Tochter, nehme ich ernst und die in der Zeitung verkündeten Nörgeleien sind vielfach kaum die Druckerschwärze wert. Vielleicht lese ich gerade deshalb so wenig die Zeitung?
So eine gemeinsame Wanderung ist eine super Möglichkeit für Gedankenaustausch, nun aber genug des politischen Geschwätzes.
Beim Kraftwerk Wasserauen begegnen uns 3 Skifahrer, sie konnten ausnahmsweise vom Säntis bis hinunter nach Wasserauen fahren. Eigentlich ist es so, dass man die hochalpine Piste bis zum Seealpsee fährt und von dort an die Skier schultert. Dieser Winter ist aber aussergewöhnlich und für die Wintersportler sehr ideal. Der dichte Nebel, die Kälte und der Wind haben auch bei den Bäumen ihre Spuren hinterlassen. An den Ästen haben sich richtige Windfahnen aus Eis gebildet. Kurz vor dem Gasthaus Seealp treffen wir auf etwas sehr spektakuläres, eine Eidechse quert ganz ganz langsam den Weg, so was hätte ich hier oben und vor allem zu dieser Jahreszeit nie vermutet.
Der Seealpsee ist noch gefroren, es gibt nur vereinzelte Wasserlöcher. Zum Schlittschuh laufen hat es aber in diesem Winter nicht gereicht. Trotz der lang anhaltenden Kälte hat sich kein schwarzes Eis gebildet, dieses ist nötig damit das Eis für die Schlittschuhläufer frei gegeben wird. Hinter der Kapelle auf der Landzunge ist für mich der schönste Alphorn Platz im Alpstein. Ich bin sehr gespannt wie es bei Schnee und Nebel tönt. Ein Grund, warum ich auch im Winter hier oben spielen möchte, ist auch mein komponiertes Stück Alpgebet. Der Dritte und ins abschliessende Ave Maria führende Teil, ist auf einer Klangwolke aufgebaut. Diese wirkt eben nur, wenn ein ordentliches Echo mitspielt. Ich habe es bis jetzt nur in Kirchen gespielt, am Seealpsee ist es aber auch heute mit diesen Verhältnissen fantastisch. Mich würde es interessieren wie es auf Distanz tönt?
Die Alpgebäude Seealp-Reslen werden sehr gut unterhalten und sind noch nicht vor langer Zeit renoviert worden. Auf der rechten Hütte steht „s’Wasserhöttli“ geschrieben, was es wohl mit dem Wasser zu bedeuten hat? Weil es in der Nähe des Wassers gebaut ist, oder gibt es genau hier eine speziell gute Quelle? Oder ist es für Leute gebaut die nahe am Wasser leben, sozusagen ein „Hewehhöttli“?
Beim Abstieg nach Wasserauen begegnen wir einer Gruppe von rund 30 Personen. Die meisten sind eigentlich nicht speziell bergtauglich gekleidet. Zu guter Letzt kommt sogar ein Pärchen im Lederkombi und Töffstiefeln den Berg hinauf geschnauft, das stimmt mich natürlich neugierig. Ich frage sie deshalb: „ Isches denn em Töff z’steil wode do uni?“ Beide lachen und meinen etwas ausser Atem in breitem Soloturnerdialekt: „ Jo genau, dä het müese dunde bliibe.“ Es stellt sich dann heraus, dass die ganze Gruppe im Gasthaus Seealp übernachtet. Zum Abschluss unserer heutigen Tour kehren Daniel und ich im Gasthaus Alpenrose ein. Am Stammtisch, bei einem Bier, wird munter diskutiert und gelacht.
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