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Alp Nr. 67 : Untere Neuenalp
07.05.2013 13:00 ( 4665 x gelesen )

- 11:30 an Lehmen, einziges Auto auf dem Parkplatz
- Der Wanderweg ist zu einem Forstweg geworden
- Viele Bäume sind mit schwarzem Kunststoffnetz eingepackt
- Die Tannen müssten etwa 25-30 Jahre alt sein
- En Föhnsturm ond em Othmar sind Dume
- Gaden und Haus sind unter dem gleichen Giebel
- Der Hauseingang könnte auch eine Stalltüre sein
- Ein einfacher Weidbrunnen aus Holz
- Die Quellfassung oder alte Mauerresten
- Früher wurde mehr auf Standorte für Neubauten geachtet, oder doch nicht?
- Kein, oder nur sehr spärliches Echo
- Es geht weiter zur Vorderen Neuenalp



Um 11:30 parkiere ich mein Auto auf dem grossen Parkplatz bei Lehmen. Das Gasthaus ist geschlossen und die Wirtsleute sind mit Umbauarbeiten in der Gartenwirtschaft beschäftigt. Ausser mir scheint sich heute niemand an diesen Ort zu verirren, normalerweise sind hier ziemlich viele Wanderer anzutreffen. Das Wetter lockt aber auch niemanden in die Natur, es ist trüb und kalt, untypisch für den Mai. Der Wanderweg müsste nach meiner Karte schon ziemlich rasch im Wald nach links Richtung Schäfler abbiegen. Der untere Teil des Waldes wurde aber unlängst abgeholzt, deshalb wurde der Fussweg zweckmässig zu einem breiteren Forstweg umfunktioniert. Die Spuren der schweren Fahrzeuge sind jetzt matschig und nass.
 
Die Waldgrenze beginnt erst weiter oben. Viele Stämme der circa 25 bis 30 jährigen Tannen sind mit einem schwarzen Kunststoffnetz eingepackt, einige Netze liegen sogar zerrissen am Boden. Für welchen Zweck sind denn diese bestimmt? Für den Schutz vor Wildtieren sind die Bäume zu alt, oder sind die Netze mit gewachsen? Ich vermute dass dieser Waldteil nach dem Föhnsturm im April 1987 wieder aufgeforstet wurde. Zu dieser Zeit war ich in der Lehre als Kunstschmied. Unser Vorarbeiter Othmar Inauen, welcher ein exzellenter Handwerker ist und eine Hammerführung wie kein Zweiter hat, half zu dieser Zeit regelmässig bei den Aufräumarbeiten im Wald mit. Eines Tages erhielten wir die Nachricht, dass er beim Holzen seinen linken Daumen abgeschnitten hat. Anfänglich konnte ich mir das nur schlecht vorstellen, denn einem so guten Handwerker wie Othmar kann das nicht passieren.

Nach rund 10 Wochen Arbeitsausfall konnte er wieder leichte Bankarbeiten erledigen, er hatte Glück dass die Klinge scharf war und einen sauberen Schnitt hinterliess. Später erklärte er dann auch den genauen Unfallhergang. Er war mit Spaltarbeiten von Kleinholz beschäftigt, natürlich mit perfekt geschliffener Klinge. Der Stiel des Beils war etwas zu lang sodass er beim Schlag damit hinten einhängte. Die Klinge verfehlte das Ziel nur um wenige Zentimeter und traf den Daumen der danach nur noch an einem kleinen Hautfetzen hing. Anfänglich hatte er keine Schmerzen, es blutete auch nicht, erst nach 15 Minuten als Hilfe eintraf schoss das Blut aus seinen Adern. Vermutlich stand Othmar unter Schock und konnte deshalb die Hilfe noch selber organisieren.

 
Als ich vom Waldrand zu den Alpgebäuden blicke, kann ich am Anfang keine Hütte erkennen. Aus der Nähe sehe ich dann aber, dass die Hütte mit dem Stall vereint unter demselben Giebel ist. Den Eingang zur Hütte entdecke ich auch erst später, ich habe ihn anfänglich für eine Stalltüre gehalten.
 
Auf der Weide steht ein kleiner Brunnen der aus einem Holzstamm geschnitzt ist. Rundherum ist der Boden recht sumpfig, etwas weiter oben fasst ein schwarzes Kunststoffrohr das Wasser für den Brunnen. Dieses ist im Moment aber trocken und wird erst während der Alpzeit in Betrieb genommen. Ich vermute, dass weiter oben beim Steinhaufen die Quellfassung ist. Bei genauerem Betrachten merke ich aber, dass dies Reste einer Gebäudemauer sind. Stand hier früher ein Stall? Oder war vielleicht sogar die Hütte hier platziert? Dass hier kein Gebäude mehr steht, kann ich gut begreifen, denn ich habe den Eindruck dass ein kleines Bächlein direkt mittendurch fliesst.
 
Über die Standorte von Neubauten wird heute sehr gerne diskutiert. Vielfach ist dann der Grundtenor, dass die Leute früher sowieso viel mehr auf eine optimale Lage der Bauten geachtet hatten. War denn früher immer alles besser? Dieser Fall würde genau das Gegenteil beweisen. Es ist halt auch so, dass heute nur noch die Gebäude an den guten Standorten stehen und alle anderen im Laufe der Zeit zerfallen sind.
Richtung Lehmen spiele ich noch ein paar Alphornstücke. Leider ist kein, oder nur ein sehr schwaches, Waldecho hörbar. Danach packe ich meine Sachen zusammen und mache ich mich auf den Weg zur nahe gelegenen Vorderen Neuenalp.


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